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Barrierefreiheit – ein Gewinn für alle!

Wie barrierefrei lebt es sich im Landkreis Rhön-Grabfeld? Diese Frage stand kürzlich im Zentrum einer Podiumsdiskussion im Kloster Wechterswinkel zu der die Fachstelle für Senioren und Menschen mit Behinderung alle Interessierten eingeladen hatte. Die Veranstaltung war eingebettet in die bis zum 5. Mai stattfindende bayernweite Aktionswoche „Zu Hause daheim“, die sich auf das möglichst lange Wohnen in den eigenen vier Wänden konzentriert.

Der Behindertenbeauftragte des Landkreises, Thomas Bruckmüller, begrüßte die Gäste mit einer wichtigen Botschaft vorneweg: Nur, wenn alle Menschen – mit und ohne Einschränkung - die gleichen Chancen haben, ist Teilhabe überhaupt erst möglich. Wie breit gefächert das Spektrum an Barrieren tatsächlich ist, zeigte sich sehr schnell an diesem Nachmittag.

Armin Kraus von der bayerischen Architektenkammer berät seit knapp zwei Jahrzehnten unter anderem in Bad Neustadt zu baulichen und digitalen Barrieren. In einem Vortrag fasste er mit Unterstützung verschiedenster auch internationaler Beispiele zusammen, wie bauliche Barrieren abgebaut werden können. Das Spannungsfeld DIN-Normen auf der einen Seite und Denkmalschutz auf der anderen Seite brachte er ebenso ins Feld, wie Maßnahmen in Privatwohnungen, die im Alter oder aufgrund von Einschränkungen angepasst werden müssen.
Schnell wird deutlich: Viele Erleichterungen sind machbar – unabhängig davon ob im öffentlich oder privaten Raum. Aber: Barrieren müssen erkannt und abgebaut werden – soweit möglich.

Der zweite Referent hat weniger die baulichen, als vielmehr die Schranken in den Köpfen der Menschen in den Fokus seines Kurzvortrages gesetzt. André Hahn ist nicht nur der 2. Vorstand der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, sondern vor allem Vater. Seine heute 19-Jährige Tochter ist schwerbehindert. Er skizzierte anhand der Entwicklung seiner Tochter von der Geburt an bis heute, welchen verschiedenen Barrieren die Familie über die Jahre begegnet ist.
Essen, laufen, sprechen, Freunde finden, Schule, Urlaub machen, sind alles Dinge, die für Menschen ohne Behinderung kein Thema sind. Aber sobald eine kognitive und in diesem Fall auch körperliche Einschränkung vorliegt, werden alltägliche Dinge zur Schranke, die es zu öffnen gilt. Hahns Geschichte bewegte die Zuhörerinnen und Zuhörer. Gleichzeitig versprühten die Erzählungen Lebensfreude pur.

Die fachlich informative und emotional mitfühlende Mischung der beiden Vorträge bildete einen gelungenen Einstieg in eine kontrovers geführte Podiumsdiskussion, die unter der Frage stand: „Wie barrierefrei ist der Landkreis Rhön-Grabfeld?“ Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen gingen dieser Frage auf den Grund. Der Moderator André Kessler begrüßte hierzu die weitere stellvertretende Landrätin Eva Böhm, Christina Horovitz von der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, Volker Tesar von Blickpunkt Auge, den Behindertenbeauftragten des Landkreises, Thomas Bruckmüller, Dirk Brosge vom VdK sowie Ralph Milewski, der selbst Rollstuhlfahrer ist und hier aus Betroffenensicht berichtete. Diese besondere Mischung aus Experten, Engagierten und Betroffenen sorgte für eine qualitativ hochwertige und teilweise kontroverse Gesprächsrunde.

Spannend war es, sich bewusst zu machen, dass Barrieren der einen, Hilfestellungen anderer sein können: Während Ralph Milewski beispielsweise auf abgesenkte Bordsteine angewiesen ist um mit seinem Rollstuhl sicher die Straße überqueren zu können, stellt dies für Sehbehinderte Menschen, wie Volker Tesar es aus eigener Erfahrung berichten konnte, eine Gefahr da, durch die sie im schlimmsten Fall versehentlich auf die Fahrbahn gelangen.
Milewski betonte, dass es wichtig sei, dass Menschen mit Einschränkungen zentrale Anlaufstellen barrierefrei erreichen können. Entsprechende Hinweise zu den Örtlichkeiten – auch online – sind hier angebracht.

Die Barrierefreiheit im Internet war Volker Tesar ein zentrales Anliegen. Für Sehbehinderte sei es eine große Herausforderung sich etwa in der Navigation einer Homepage zurechtzufinden. Hier braucht es Orientierungshilfen. Die Podiumsteilnehmenden waren sich einig, dass grundsätzlich nicht nur über Barrieren gesprochen werden darf, sondern auch gehandelt werden muss.

Thomas Bruckmüller, selbst Bürgermeister von Wollbach, wies darauf hin, dass die Bürgerinnen und Bürger die Behörden, Einrichtungen und auch ihre Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf Barrieren online, wie offline, aufmerksam machen sollen, damit diese möglichst beseitigt werden. Dies unterstützte auch Dirk Brosge, der auf die Barrierefreiheits-Berater hinwies, die der VdK hierfür im Einsatz hat und die bereits zahlreiche Ortsbegehungen mit dem Fokus auf die Barrierefreiheit im Landkreis durchgeführt haben. Sein Verband spricht sich dafür aus, dass bei Neu- und Umbauten die Barrierefreiheit den gleichen Stellenwert haben muss wie der Brandschutz.

Christina Horovitz thematisierte vor allem die Barrieren, die im Umgang mit behinderten Mitmenschen oft noch vorhanden sind. Geistig behinderte oder eingeschränkte Menschen haben wieder andere Schranken vor sich. Ein Abbau von Vorurteilen, hin zu mehr Inklusion und leichter Sprache würde hier einen wertvollen Beitrag leisten.

Eva Böhm betonte, dass das Thema Barrierefreiheit im Landkreis Rhön-Grabfeld einen festen Platz hat und ein zentrales Anliegen ist. Es sei wichtig die Präsenz dieses Themas zu steigern, um es zur Selbstverständlichkeit zu machen. Angebote wie verschiedenste Beratungsangebote, die eigene Projektstelle für Menschen mit Behinderung am Landratsamt, das Mobilitätsangebot callheinz oder barrierefreie Onlineauftritte die ständig weiterentwickelt werden sind nur einige Beispiele. Es gilt weiterhin das Bewusstsein für die verschiedensten Hindernisse zu schärfen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Abgerundet wurde der Nachmittag durch Informationsstände im Foyer des Klosters. Dabei waren der VdK, Maria Bildhausen, der Pflegestützpunkt Rhön-Grabfeld sowie die Wohnberatung des Landkreises. Die Arbeitsgemeinschaft der NES-Allianz stellte außerdem ihre „Kontaktbörse gemeinsames Wohnen“ vor. Hierbei können Personen in Austausch kommen, die sich für gemeinschaftliche Wohnprojekte wie (barrierefreie) Hausgemeinschaften oder weitere neue Wohnkonzepte interessieren.  


Bildunterschrift: Moderator André Kessler (l.) begrüßte zur Podiumsdiskussion rund um die Frage, wie barrierefrei der Landkreis Rhön-Grabfeld ist, v. l. n. r. Dirk Brosge (VdK), Christina Horovitz (Lebenshilfe Rhön-Grabfeld), Thomas Bruckmüller (Behindertenbeauftragter des Landkreises Rhön-Grabfeld), Volker Tesar (Blickpunkt Auge), Eva Böhm (weitere stellv. Landrätin) und Ralph Milewski (Betroffener).

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